Ayurveda gegen Akne: Tipps zur Therapie

Die 17-jährige Sophia hat sich in den letzten Monaten zurückgezogen und empfindet keine rechte Freude mehr am Leben. Sie meidet den Kontakt zu Jungen und geht auch im Hochsommer nicht schulterfrei bekleidet aus dem Haus. Nachdem auch der Hautarzt nicht nachhaltig helfen konnte und Sophia schwere Medikamente nicht verträgt, wendet sich ihre Mutter an meine ayurvedische Praxis. Sophia leidet unter starker Akne.

Akne vulgaris zählt zu den häufigsten Hauterkrankungen und manifestiert sich meist in der Pubertät und dem jungen Erwachsenenalter mit Papeln und Pusteln in talgdrüsenreichen Regionen, in schweren Fällen entstehen zudem schmerzhafte Knoten und Abszesse. Falsche Manipulationen können zu Narben und Zysten führen.

Lesen Sie nachfolgend am Fallbeispiel von Sophia, wie dieses körperlich und psychisch belastende Krankheitbild ayurvedisch erfolgreich therapiert werden kann.

Die Aufnahme

An einem sonnigen Tag klingelt Sophia an meiner Haustür und begrüßt mich verschüchtert mit einem „Hallo, Sophia R., ich habe einen Termin bei Ihnen“.

Der erste Anblick ist erschreckend: von der Stirn über Wangen und Kinn bis zum Hals übersäen unzählige Pusteln das zarte Gesicht der schlanken Jugendlichen. Auch erste Narben sind erkennbar. Sophia trägt ein hochgeschnittenes Rollkragenshirt, unter dem ich weitere Entzündungen vermute.

Sophia ist 170 cm groß und mit 58 kg (BMI 20.1) leichtgewichtig. Ihr dünnes blondes Haar trägt sie zusammengebunden, es sieht etwas fettig aus. Ihre schlanke Nase, die kleinen Ohren, schmalen Lippen und zartgliedrigen Finger weisen anatomisch auf eine Vata-dominierte Konstitution hin.

Ich bitte sie darum, ihre Haut untersuchen zu dürfen – auch wenn es unangenehm ist. Bei der Inspektion zeigen sich weitere hochgradige Entzündungen an den Schultern und am Dekolleté. Besonders auffällig ist eine vermehrte Behaarung an den Armen und Beinen. „Das sind meine zu starken männlichen Hormone“, beschreibt Sophia ihre Behaarung.

Ihre Gesichtshaut weist viele Rötungen auf, an Stirn und Schultern sind Sommersprossen sichtbar. Über den ganzen Körper verteilt befinden sich einige Pigmentnaevi („Leberflecken“). Die sonnenempfindliche Haut von Sophia lässt sich dem Phototyp 2 nach Fitzpatrick zuordnen, aus ayurvedischer Sicht liegt eine Pitta-dominante Hautkonstitution vor.

Ayurvedischer Pulsbefund

  • Rate erhöht, Rhythmus variabel, Amplitude moderat, Volumen gering
  • Eigenschaften: leicht, mobil, klar
  • Auswertung: Vata Dominanz, Samagni (normales Agni) bei Nirama (kein Ama)

Ayurvedischer Zungenbefund

  • Zungenkörper blassrot mittelgroß, viele rote Punkte (Himbeerzunge), raue rissfreie Oberfläche, dünner graugelblicher Belag im mittleren und hinteren Drittel, Unterzungenseite unauffällig
  • Auswertung: Raktadushti (verunreinigtes Blut) bei Vata Dominanz

Akne aus westlicher und ayurvedischer Sicht

Am Krankheitsbild Akne sind 3 Faktoren vorrangig beteiligt:

  • erhöhte Sekretion der Talgdrüsen bei gesteigerter Empfindlichkeit gegenüber Androgenen
  • Hyperkeratose (Verhornung) der Haarfollikel
  • bakterielle Besiedlung der „Mitesser“ (Komedonen), die entstehen, wenn der Ausführungsgang einer Talgdrüse in der Haut durch Verhornung verstopft

Im Ayurveda wird die Akne als Yauvana („jugendlich / pubertär“) Pidika („Pickel / Pustel“) oder Mukha („Gesicht“) Dushika („Unreinheit“) bezeichnet und zählt zu den kleineren Erkrankungen (Kshudraroga). An der Pathogenese (Samprapti)sind vorrangig Vata, Kapha und Rakta (als Blutverunreinigung) beteiligt, es kommt zu einer Blockade (Srotorodha) der Talgdrüsenausführungsgänge. In der Praxis zeigt sich zudem häufig eine starke Beteiligung von Pitta Dosha.

Die wichtigsten Ursachen aus ayurvedischer Sicht sind:

  • blutverunreinigende Ernährungsgewohnheiten: zu fettes, gebratenes oder frittiertes Essen, fleischliche Nahrung, saure und übermäßig scharfe Speisen, Fastfood
  • falsche Hautreinigung und -pflege, übermäßige Ölungen
  • mentale und hormonelle Imbalancen

In der Ernährungsanamnese beschreibt sich Sophia als Süßmäulchen, das auf ihre tägliche Schokolade nicht verzichten kann. „Die beruhigt mich – und ich kann es mir erlauben, da ich sowieso nie dick werde“, erläutert sie ihre Lage.

Die Großeltern von Sophie führen seit Jahrzehnten eine angesehene Metzgerei im Ort. So wuchs sie mit gutbürgerlicher Hausmannskost auf und holt sich auch heute noch regelmäßig die geliebte Fleischwurst auf dem Heimweg nach der Schule bei Opa ab.

Ein richtiges Mahlzeitensystem lässt sich bei Sophia nicht erkennen: „Ich esse, wenn ich hungrig bin und worauf ich gerade Lust habe.“ Besonders gerne isst sie beim Thai-Imbiss Hühnerfleisch mit roter Currysauce.

Die Ernährungsgewohnheiten von Sophia stehen in direktem Zusammenhang mit ihrer Hauterkrankung. Das ist aus therapeutischer Sicht sogar „erfreulich“, da wir somit durch eine konsequente Umstellung recht baldige Verbesserungen des Hautbildes erwarten können.

Die Therapie

Eine erfolgreiche Behandlung der Akne beinhaltet ayurvedisch eine Kombination von besänftigenden Maßnahmen (Shamana Chikitsa) und ausleitenden Verfahren (Shodhana Chikitsa).

Die wichtigsten besänftigenden Maßnahmen sind

  • Ernährungskorrektur
  • Ordnungstherapie inklusive individuell zuträglicher Hautpflege
  • Phytotherapie

Folgende Ausleitungsverfahren kommen vorrangig zum Einsatz

  • Vamana Karma – therapeutische Magenspülung zur Elimination von überschüssigem Kapha
  • Virechana Karma – Abführtherapie zur Ausleitung von überschüssigem Pitta
  • Raktamokshana Karma – Aderlasstherapie zur Blutreinigung

Sophia ist erst 17 Jahre alt, daher entschied ich mich vorerst gegen eine Panchakarma Kur. Wir starteten mit einer ambulanten Therapie über zunächst 3 Monate.

Ernährungskorrektur

Ich entschied mich bei Sophia für eine Big-Point-Strategie und gab ihr je 5 zentrale Dos und Don‘ts für die kommenden 4 Wochen an die Hand:

5 Dos

  • 3 regelmäßige Mahlzeiten gegen 9.30 (in der Schulpause), 14.00 (nach der Schule) und 19.00 Uhr – frisch zubereitet
  • Mindestens 1x täglich grünes Gemüse, z.B. Mangold, Spinat, Kohlrabi, Brokkoli oder Zucchini mit Getreide wie Reis, Dinkel oder Quinoa
  • Mittags ein Beilagensalat aus bitteren Zutaten wie Chicorée, Rucola, Löwenzahn
  • Vorwiegend kochen, dünsten und dämpfen
  • Ghee, Kokos- und Olivenöl nur mild erhitzt oder raumtemperiert verzehren

5 Don’ts

  • Keine Zwischenmahlzeiten, Snacks und Sweets, Fertiggerichte
  • Keinerlei Fleisch und Wurstwaren
  • Keine sauren und fettreichen Milchprodukte wie Joghurt oder Käse
  • Verzicht auf braten, frittieren und rösten
  • Keinerlei Bratfette, Verzicht auf Sonnenblumenöl

Wir verabredeten einen Deal: sie probiert es vier Wochen ganz konsequent aus und entscheidet dann anhand der Ergebnisse, ob sie die Veränderungen beibehält. Darauf ließ sie sich ein.

Phytotherapie

  • Zur Entzündungshemmung und Wundheilung: Kaishora Guggulu 3x 1g mit heißem Wasser 15 Minuten vor den Mahlzeiten
  • Zur Blutreinigung: Mahamanjishtadi Kashayam 15ml mit der gleichen Menge Wasser zusammen mit Kaishora Guggulu vor den Mahlzeiten
  • Zur psychodermatologischen Stabilisierung: Mandukaparni + Guduchi Churna je 3g nachmittags getrennt von den Mahlzeiten mit warmem Wasser

Externe Therapie

  • Morgens und abends Hautreinigung mit einer medizinischen, pH-hautneutralen Reinigungsmilch – anschließend Applikation von Vachadi Lepa, zu gleichen Anteilen bestehend aus den Pulvern von Vacha (Acorus calamus / Kalmuswurzel), Lodhra (Symplocos racemosa), Sarshapa (Brassica nigra / Senfsaat) und Steinsalz. Sophia rührt das Pulver mit Wasser zu einem Brei an, trägt diesen großflächig entgegen der Haarwuchsrichtung auf die betroffene Haut auf und entfernt ihn nach Austrocknung. Danach trägt sie eine milde, fettfreie Feuchtigkeitspflege auf.
  • Sie verzichtet für einen Monat auf jegliche Manipulation an ihren Pusteln und kommt stattdessen alle 14 Tage zur medizinischen Ausreinigung in unsere Praxis.

Das Resultat

Nach vier Wochen verabredeten wir einen ersten Kontrolltermin. Sophia kam diesmal mit einem leichten Top bekleidet und war sichtlich begeistert – die Hautrötungen waren verschwunden, die Anzahl der Pusteln deutlich reduziert und sie wirkte glücklicher.

„Wir machen genauso weiter“, startete sie ihre Rückmeldung zu den Erfahrungen der ersten Therapiephase. Ich erläuterte ihr, dass wir auf dem richtigen Weg seien – ihr aber ein mehrmonatiger Weg bis zum erwünschten Hautbild noch bevorstehe.

Die Behandlung der Akne vulgaris durch ayurvedische Medizin ist sehr erfolgreich, wenn die Mitarbeit des Patienten gewährleistet ist. Sie erfordert Geduld, erfahrungsgemäß lassen sich nachhaltige Resultate innerhalb von 3-6 Monaten erzielen. Nach dem Erreichen des erwünschten Hautbildes kann das Ergebnis durch präventive Maßnahmen stabilisiert werden.

Mit den besten Wünschen für Ihre Gesundheit,

Ralph Steuernagel

>>> Wenn Ihnen dieser Beitrag gefällt, teilen Sie ihn bitte nachfolgend über die sozialen Netzwerke mit Anderen.

WhatsApp
Facebook
Twitter
LinkedIn
E-Mail

Studienberatung

Fragen zu Deinem persönlichen Weg?

Nutze auch die Möglichkeit eines persönlichen Video-Calls mit Ralph.

Nächste Seminare